Doch wer nach Usedom reist, der möchte nicht unbedingt nur schoppen und nach dem Jackpot zocken oder auf dem Golfplatz Neppermin mit Handeisen nach weißen Bällen schlagen. Eher vielleicht durch zeitlos schöne gewölbeartige Linden- und Kastanienalleen fahren, vorbei an im Winde wogenden Feldern und zu den acht Usedomer nacheiszeitlichen Binnenseen mit ihren sumpfigen Ufern. Kleine Dörfer mit Strassen aus Katzenkopfsteinpflastern möchte man besuchen, wo alte massiv gebaute Kirchen unter dickstämmigen Bäumen inmitten friedlich stiller Gottesäcker stehen.
Usedom ist irgendwann einmal aus mehreren kleinen Eilanden zusammen gewachsen. Nicht weit ist es nun nach Morgenitz zur Dorkirche aus dem 15. Jahrhundert. Auf dem Friedhof finden wir prähistorische Mühlsteintröge, die neben alten Gräbern liegen. Mangels Turm läuten die alten Glocken unter einem Dach neben dem Gotteshaus zum Gebet.
Dorfidylle auch in Mellenthin. Im alten-es müsste dringend renoviert werden- Wasserschloss ist das Heimatmuseum untergebracht. Rot leuchtet die aus Ziegelsteinen erbaute Kirche zwischen dem dunklen Grün uralter Eichen. Gusseiserne Grabkreuze sind mit Moss bewachsen. Chorgestühl, Empore und Kanzel reich mit biblischen Szenen verziert. Der Backsteinbau der Kirche von Mellentin steht beispielhaft für ein weiteres Dutzend betagter Gotteshäuser auf Usedom; alle wurden im 13. und 14. Jahrhundert errichtet und werden auch noch heute benutzt. Allmählich beginnen Kunsthistoriker und Denkmalpfleger sich dieser wertvollen Geschichtsschätze anzunehmen.
Zwar sind einige neue Pensionen entstanden, ist der eine oder andere Gasthof renoviert worden, die Weiler Lieper und Warthe auf der Halbinsel Lieper Winkel vermitteln trotzdem Erinnerungen an längst vergangene Zeiten. Hühner gackern über schmale Pflasterstrassen, Möven kreischen hinter Ackerpflügen her. Zu allen Zeiten des Tages mischen Sonnenstrahlen unterschiedliche Blautöne in die schieferfarbenen Wellen des Achterwassers. Und auch in diesem stillen Usedomer Winkel wiegen sich grüne Schilfteppiche an malerisch schönen Ufern und stillen Weihern.
Auf der Halbinsel Gnitz drehen sich die Uhrzeiger noch langsamer als anderswo auf der Insel. Nahezu alle der vielen kleinen Buchten zwischen dem Krumminer Wiek, Penestrom und dem großen Achterwasser sind mit hohem Schilf bewachsen und wertvolle Rückzugsgebiete für in Deutschland selten gewordenen Tier-, Pflanzen und Vogelarten. Auf dem vom Ufer aufsteigenden Hügeln wachsen Ebereschen und Schlehen, Weissdorn und schwarzer Holunder. In den Duft von blühenden Hagebuttenstreuchern mischt sich der von Wacholderbüschen, Kiefern und frischer Seeluft.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen